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Die ehemalige jüdische Gemeinde in Fischach
In der Epoche der sieben Kreuzzüge von 1096 bis 1270 und später in den Pestjahren 1348 bis 1353 hatte sich die Judenverfolgung in Europa wesentlich verschärft. Ab dem Jahr 1236 stellte Kaiser Friedrich II. alle Juden reichsweit unter seinen Schutz, ein einträgliches Geschäftsmodell, welches Jahrhunderte überdauerte: Mit dem vom Kaiser erkauften Privileg der „Judenfreiheit“ haben deutsche Reichsstädte wie Augsburg (1438), Ulm (1499), Nördlingen (1507), Kaufbeuren (1543) die Juden vertrieben. Ohne die Schutzgeldzahlungen an die Markgrafschaft Burgau, welche damals zu Österreich gehörte, hätten die Juden nicht in Fischach bleiben dürfen. Jüdischer Grundbesitz ist hier ab 1573 urkundlich belegt.
Während der Schreckensjahre 1632 bis 1635 im Dreißigjährigen Krieg suchten die Fischacher Juden Schutz hinter den Mauern Augsburgs. In Fischach überlebte damals nur jeder Vierte die extreme Hungersnot, die vielen Fälle von Kriegsgräuel und die Pest. Durch Zuwanderung hatte Fischach im Jahr 1738 wieder 561 Einwohner. Davon waren 113 Personen Juden. Im Jahr 1739 ist die Synagoge in Fischach eingeweiht worden. Erst im Jahr 1774 konnte die Judengemeinde in Fischach ein Grundstück für den Friedhof kaufen.
Im Jahr 1805 wurde Fischach bayerisch. Im Jahr 1807 lebten in Fischach 255 Christen und 246 Juden. Nach dem Matrikelgesetz von 1813 sollte die Zahl der jüdischen Familien an den betreffenden Orten nicht zunehmen. Die Beschränkungen führten auch in Fischach zu äußerst beengten Wohnverhältnissen für die meisten Juden. – Von 1826 bis 1862 gingen in Fischach die jüdischen und die christlichen Kinder in dieselbe Schule. Im Jahr 1847 ist in Fischach das Gebäude für die Judenschule und das Rabbinat fertigstellt und die Mikwe (Ritualbad) schön hergerichtet worden. Aber erst im Jahr 1862 hat man den ersten jüdischen Lehrer eingestellt.
Mit der Gründung des Deutschen Reichs im Jahr 1871 hatten die Juden die volle bürgerliche Gleichstellung erreicht. Viele Juden aus den Landgemeinden wanderten in die Städte ab. – Im Ersten Weltkrieg (1914 bis 1918) sind 23 Männer aus Fischach gefallen, darunter sieben Juden. Von der Spanischen Grippe und der Hungersnot besonders bei Kriegsende, von der Hyperinflation im Jahr 1923 und von der Weltwirtschaftskrise in den Jahren 1929 bis 1935 waren die Juden genauso betroffen wie die Christen.
Zu Beginn der Nazi-Diktatur am 30.01.1933 lebten 127 Juden in Fischach. Ein paar Tage nach der reichsweiten Progromnacht am 09.11.1938 haben SS-Männer aus Augsburg die Fischacher Synagoge demoliert. In Fischach waren für die Juden Gottesdienste nicht mehr möglich. Es kam zu einer Auswanderungswelle. Insgesamt haben sich 42 Juden aus Fischach retten können. Jungen mittellosen Juden gelang die Flucht nur mit Hilfe der Hachscharah-Lager. – Am 01.04.1942 sind 56 Fischacher Juden, darunter auch sechs Kinder bzw. Jugendliche, nach Piaski in Polen deportiert worden, wo sich ihre Spur verliert. Am 10.08.1942 sind die noch in Fischach verbliebenen zehn älteren Juden nach Theresienstadt deportiert worden. Wohl keiner der deportierten Juden aus Fischach hat das Kriegsende Anfang Mai 1945 erlebt.
Manfred Brill
Wenn sie mehr über die Jüdische Geschichte von Fischach wissen möchten, ….. |
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